Wo ist Gott bei so viel Leid und Unrecht

Wir gehen gerne hoffnungsvoll mit Zuversicht in den Tag in der Erwartung des Guten, das uns begegnen wird. Zugleich werden wir auch immer wieder mit dem Leid und dem Unrecht in der ganzen Welt konfrontiert, mit den Naturkatastrophen, mit der Grausamkeit des Krieges und Terrors. Es ist dann oft nicht mehr zu ertragen. So flüchten wir in eine möglichst heile Welt, um nicht erdrückt zu werden. Wenn dann unser Blick so verdunkelt worden ist, dass wir nichts Gutes mehr finden und wir dann auf Gott schauen, ist auch da alles dunkel geworden und wir fragen, wie kann ein guter Gott sogar seinen vielgeliebten Sohn in solch großes Leid stürzen und so grausam in den Händen der Menschen sterben lassen.

Im Kommen Jesu ist es vorübergehend licht geworden, indem er sprach: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Tut Buße und glaubt an das Evangelium.“ (Mk 1, 15). Er tat Wunder und Zeichen der Hoffnung, indem er Kranke heilte, von Mächten der Finsternis besessene befreite, in der wunderbaren Brotvermehrung den Hunger stillte, und Tote auferweckte. Die Menschen erwarteten, wenn das Reich Gottes kommt, also Gott zu herrschen beginnt, wird es kein Leid und kein Unrecht mehr geben und auch keine Not. Ja, das war die Verheißung Gottes. Aber nach dem schrecklichen Tod Jesu sagten die Emmaus-Jünger: „Wir aber hofften, es sei der, welcher Israel erlösen sollte. Ja, bei alledem ist heute schon der dritte Tag, seit dies geschehen ist! (Lk 24,21). Jesu Antwort war jedoch: „O ihr Unverständigen. Wie ist doch euer Herz träge, zu glauben an alles, was die Propheten geredet haben! Musste nicht der Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ (Lk 24, 25-26).

In der Gott abgekehrten Welt sagt man, das Leben ist ein Fressen und Gefressen-werden. Nur der stärkere kommt durch. Es sei alles eine Entwicklung vom Niederen zum Höheren und wir sind noch nicht am Ende. Zugleich wird aber auch von Katastrophen geredet, die eine weltumfassende Dimension bekommen. Die Grundverfassung ist dann ständige Bedrohung und Angst, ein Misstrauen und ein Konkurrenzkampf ohne Zuversicht. Das macht krank und wird immer wieder nur Zerstörung hervorbringen und zugleich wird himmelschreiendes Unrecht geleugnet.

Die göttliche Offenbarung des Wortes Gottes sagt uns, im Anfang war alles gut. Da gab es auch kein Leid und keinen Tod. Es war Friede in der ganze Schöpfung auch unter den Tieren. Es gab noch kein Fressen und Gefressen-werden. Dann kam die Sünde – die Absonderung von Gottes Heilsordnung – und es kam Einsamkeit, Angst und Misstrauen, Leid und Tod. Der Mensch hat die harmonische Herrschaft in der Gemeinschaft mit Gott verlassen und der Lüge des Lügners von Anbeginn geglaubt und sich ihr unterworfen. Ab nun herrscht diese Lüge, die eine bang machende Finsternis hervorbringt über die ganze Schöpfung. Da gibt es keine Gerechtigkeit, keine Wahrheit, sondern nur Bedrohung und Verlust und letztlich dann den Tod. Gottes Ratschluss aber ist, dass er seinen Sohn sendet, damit er der Welt das Leben bringe, das verlorengegangen ist. Wer an den Sohn und an seine Vollmacht glaubt, also vertraut, der ist von der Finsternis zum Licht gekommen, vom Tod zum Leben. Es tritt wieder ein Herrschaftswechsel ein, von der Herrschaft der Lüge und des Todes hin zur Herrschaft der Wahrheit und des Lebens in Fülle. So leben wir aus dem Glauben an Jesus Christus, aber noch nicht im Schauen des Heils. So können wir mit Paulus sagen: „ Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll. Denn die gespannte Erwartung der Schöpfung sehnt die Offenbarung der Söhne Gottes herbei. Die Schöpfung ist nämlich der Vergänglichkeit unterworfen, nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin, dass auch die Schöpfung selbst befreit werden soll von der Knechtschaft der Sterblichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung mitseufzt und mit in Wehen liegt bis jetzt.“ (Röm 8, 19-22).

Hier wird deutlich, der Unheilszustand, der Sünde und des Todes – der Verlust der Heilsordnung Gottes – wird am Ende aufgehoben und dann wird es keine Sünde, kein Unheil und kein Leid und keinen Tod mehr geben. Das wird aber erst geschehen, wenn der Sohn Gottes wieder offenbar wird in Herrlichkeit. „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer gibt es nicht mehr… Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, weder Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offb 21, 1-.4).

Alles Leid, alle Ungerechtigkeit und Krankheit und Tod war am Anfang nicht und wird auch am Ende nicht mehr sein. Wir stehen in dieser Zwischenzeit vom Sündenfall – dem Verlust der Heilsordnung Gottes – und der endgültigen Erlösung durch den Sohn Gottes, der uns jetzt schon durch den Glauben an ihn aus der Finsternis zum Licht brachte und uns voll Hoffnung sein lässt, der bei seiner Wiederkunft dann auch den Tod beseitigen wird und damit auch alles Leid und Unrecht, weil er Gerechtigkeit Gottes wieder brachte, der Lebendige, der tot war und siehe, der lebt von Ewigkeit und Ewigkeit und der den Schlüssel des Totenreiches und des Todes hat.

Bewahren wir also uns diesen Durchblick des Glaubens in Jesus Christus und wir werden Hoffnungsträger im Leid und im Unrecht der Welt. „Kinder, ihr seid aus Gott und habt jene überwunden, weil der, welcher in euch ist größer ist als der, welcher in der Welt ist.“ (1 Joh 4, 4).

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